Portrait Anna Eppinger aus einem Medaillon
(Bild aus Privatbesitz)

Anna Eppinger

* 9.2.1901

28.3.1943

Familie und Jugendzeit

Anna Eppinger war das älteste von sieben Kindern des Maurermeisters Christian und seiner Ehefrau Ernestine Kaiser, die Familie lebte in der Kirchheimer Straße 27. Nach eigenen Angaben war das zierliche Mädchen in der Schule begabt und sang gerne. Arbeit fand Anna Eppinger in verschiedenen Fabriken, war aber auch in Stuttgart und der Schweiz in Stellung. Im Sommer half sie der Familie bei der Landarbeit.


Die Tochter Anna Rosa

Am 21.1.1921 brachte Anna Eppinger ein Mädchen zur Welt und nannte es Anna Rosa. Wer der Vater des unehelich geborenen Kindes war, bleibt unklar. Er bezahlte für die Tochter Unterhalt, heiratete Anna Eppinger aber nicht. Schließlich prozessierte sie wegen des nicht gehaltenen Eheversprechens. Weshalb die junge Frau 1925 das Elternhaus und ihre kleine Tochter verließ, ist ungewiss.


Von Hamburg nach Amerika und wieder zurück

Im Mai 1927 reiste Anna Eppinger mit dem Schiff nach New York und weiter zu ihrem Onkel nach Rochester. Dort fand sie Arbeit, kehrte aber im Oktober 1928 nach Deutschland zurück, um endgültig Abschied zu nehmen. Bis August 1929 arbeitete sie in Stuttgart in einer Radiofirma und als Servierfräulein, dann reiste sie nach Hamburg. Bei einem Abstecher nach Rostock Anfang November 1929 wurde die junge Frau vergewaltigt. Sie erstattete Anzeige und kehrte nach Hamburg zurück. Dort wurde sie – da wohnungslos – von der Bahnhofsmission aufgegriffen und in das Frauenheim Bundesstraße verbracht.


Klinikaufenthalte in Hamburg und Lübeck

Wegen einer angeblichen Gonorrhoe-Infektion kam Anna Eppinger am 15.11.1929 ins Krankenhaus. Dort diagnostizierte man Schizophrenie, Halluzinationen und Wahnvorstellungen. In den Folgejahren durchlief sie eine Odyssee durch mehrere Heilanstalten von Hamburg bis Lübeck-Strecknitz, wo sie fast 9 Jahre lebte. Dort erkundigte sich 1935 Pfarrer Völter aus Wendlingen nach ihr und sie erhielt am 17.12.1940 Besuch von ihrer Tochter Anna Rosa und deren Verlobtem.


Von der Heilanstalt Eichberg nach Hadamar

Am 24.9.1941 verlegte man Anna Eppinger in die Landes-Heilanstalt Eichberg und von dort am 13.3.1943 nach Hadamar. Am 26.3.1943 ging ein Brief an die Tochter, in dem von Lebensgefahr aufgrund hohen Fiebers und Grippe die Rede war. Noch bevor der Brief ankam, war Anna Eppinger schon tot. Die Krankenakte vermerkt: „Erholte sich nicht mehr. Heute, 28.3.1943, exitus an Grippe um 8:30 Uhr”. Mit solchen „Verlaufsschilderungen” und „Diagnosen“ kaschierten die Täter die Morde in Hadamar. 

Die Tötungsanstalt Hadamar

Die Tötungsanstalt Hadamar war 1941 eine zentrale Einrichtung der NS-„Euthanasie"-Aktion T4, später der „dezentralen Euthanasie”, bei der Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen systematisch ermordet wurden. Von 1941 bis 1945 starben dort über 14.000 Menschen durch Gas, Medikamente oder gezielte Vernachlässigung. Heute erinnert eine Gedenkstätte an die Opfer und das Verbrechen.


Anna Eppingers Vermächtnis

Ihre Akte in der Gedenkstätte Hadamar enthält gut 100 handschriftliche Notizen. Sie nutzte alles, was sie an Papier zur Verfügung hatte, Umschläge, Schokoladenpapier und mehr, um Briefe zu schreiben, auch an den Reichspräsidenten von Hindenburg und Gedichte für die Ärzte. Anna Eppinger zeichnete viel, darunter auch eigene Erfindungen, die sie beim Patentamt einreichen wollte. Keine ihrer Notizen verließ die Klinik: Alle Nachrichten, die sie nach draußen zu schmuggeln versuchte, wurden abgefangen.