Charlotta Hammelehle auf der Hochzeit ihrer Schwester Amalia 1920 (Bild aus Privatbesitz)

Charlotta Hammelehle

* 5.7.1879

31.5.1940

Kindheit und Jugend

Julia Friederike Charlotta Hammelehle wurde am 5.7.1879 als drittes von vier Kindern von Johann David Hammelehle und seiner Frau Charlotta, geb. Bruckmann, in Wendlingen geboren. Das Haus der Familie stand damals unterhalb der Eusebiuskirche, gegenüber dem damaligen Rathaus. Ihr Vater war von 1883 bis 1907 Schultheiß in Wendlingen, der Großvater mütterlicherseits – Christian Friedrich Bruckmann – in den Jahren 1863 bis 1880 als Pfarrer im Ort tätig. Charlotta wuchs mit einem Bruder und zwei Schwestern in dem behüteten Umfeld einer angesehenen Familie auf.


Krankheit und Aufenthalte in Heilanstalten

Mit 20 Jahren erkrankte Charlotta – möglicher Auslöser könnte eine unglücklich verlaufene Liebesgeschichte gewesen sein. Die junge Frau kam zur Behandlung zunächst in die Heilanstalt für Gemüts- und Nervenkranke im Christophsbad Göppingen, später auch in die Heil- und Pflegeanstalt Schloss Winnenden, in die bereits seit 1834 psychisch Erkrankte aufgenommen wurden.

In Phasen der Besserung kehrte sie immer wieder zu Ihrer Familie zurück. 1920 starb der Vater, die älteste Schwester Amalia heiratete und zog nach Friolzheim um. Charlotta blieb bei ihrer jüngeren Schwester Anna Maria, die im Fickerstift in Kirchheim als Köchin arbeitete. Dieses Heim für alte Menschen war von den Brüdern Eugen und Otto Ficker 1918 gestiftet und 1927 eröffnet worden. Immer, wenn es Charlotta besser ging, arbeitete sie dort in der Küche mit.


„Verlegung“ nach Grafeneck

Als am 31.5.1940 in der Heilanstalt Winnenden der Transport in die Tötungseinrichtung Grafeneck zusammengestellt wurde, befand sich Charlotta gerade dort zur Behandlung. Sie wurde zusammen mit den anderen nach Grafeneck gebracht und dort wahrscheinlich noch am selben Tag in der Gaskammer ermordet.


Grafeneck – eine Blaupause für Vernichtungslager der Nationalsozialisten

Schloss Grafeneck nahe Gomadingen auf der Schwäbischen Alb wurde kurz nach dem Beginn des 2. Weltkriegs 1939 für „Zwecke des Reichs“ beschlagnahmt. Welche Zwecke dies waren, wurde bald deutlich: Auf dem abgelegenen Schlossgelände wurden in einer eigens errichteten Gaskammer Menschen mit körperlichen oder psychischen Erkrankungen ermordet. Hintergrund der menschenverachtenden Tötungsmaschinerie waren kriegswirtschaftliche und rassehygienische Vorstellungen: Kranke und Schwache belasteten in der NS-Ideologie demnach den gesunden Volkskörper und sollten als „unwertes Leben“ vernichtet werden.

Der Transport der Menschen aus Heil- und Pflegeeinrichtungen in ganz Süddeutschland nach Grafeneck wurde systematisch geplant. In der Zeit vom 18.1. bis zum 13.12.1940 wurden insgesamt 10.654 Männer, Frauen und Kinder in Grafeneck getötet.